Der hellere Horizont

Im Signaturen Magazin ist veröffentlicht:

DER HELLERE HORIZONT

Ein Lesevergnügen für die Tage zwischen den Jahren. Oder wie der Redakteur sagte: stark.

https://www.signaturen-magazin.de/gudrun-orlet–der-hellere-horizont.html

( … )

V

Oder aber ein undatiertes Gefühl geht mit einem willkürlich bestimmten Augenblick eine Verbindung ein und bestimmt die Gegenwart. die Präsenz ein Bleiberecht in Anspruch nimmt und einem selbst aus dem Vergehen der Zeit enthebt. das Ich von alltäglicher Orientierung befreit. initiiert.

geistige Gegenwart. kommt und geht. nimmt kein Bleiberecht in Anspruch. kaum. dem keine konkrete Verankerung innewohnt. ist weder Ort noch Zeit zuzuordnen. ausser. ich erinnere mich an ein Parallel.

Dem Café. Der See.

dem Moment des Aufeinandertreffens. dann erlangt Schönheit, Empörung, Erstaunen oder ein Gedanke meine Aufmerksamkeit. habhaft. und wenn das Ich. die Kollision. das Ich dem habhaft werden will.

der Wille mag einer Notwendigkeit entspringen. einer persönlichen Notwendigkeit, dann zwingend. der Willensakt. das Interesse des Ichs muss geweckt werden. das Wollen folgt. Schreibe ich aus der Erfüllung einer Notwendigkeit. zwingend. oder Wille. besteht der Wille eine Kreation zu erschaffen beginnt ein Eingriff. eine Intervention. ein Schaffensakt. ein Ich will. ein Du. aus einem Ich will ein Du entstehen. ein Ich will ein Du entstehen lassen. nein. will sich ein Ich vervielfältigen. ausbreiten. ein Ich will sich einfach nur ausbreiten in einem Leben. das schreibende Ich will sich ausbreiten. mehr ist nicht. das schreibende Ich will Leben gewinnen im Ausbreiten. im Schreiben fühle ich mich Aufgehoben. das Schreiben am Schreibtisch, wenn alle Hürden durchkämpft sind, dann fühle ich mich zuhause, angekommen und ruhig. und ich bleibe und bleibe. und ich möchte nur beim Schreiben bleiben. das ist mein Ort. mein Bleiben. mein Zuhause. vielmehr in einem Gedicht. vertraue ich der Poesie, bin ich sicher. fühle mich existent. berechtigt.

das Geschriebene lebendigt das Nichtgeschriebene. das Gedachte. das sich auf ein Wort einigt. die Sekunde. deren Geschichte erzählt wird.

dabei ist die Poesie die Amphibie. die Brücke. und kreiert Leerstellen. verbindet das Vertikale mit dem Linearen im Labyrinth der Existenz. schafft das Volumen. und ein mehrdimensionaler Körper eröffnet Blickwinkel, die sich dem Kausalen entziehen. die über das Lineare hinausreichen. sich der reinen Bedürfnisbefriedigung im Sichern eines kausalen Nachvollziehens entziehen. dem Konsum widersetzt. Ohren hören die Buchstaben aus den Lehrzeichen.

hier am Holz und hungrig.

das poetische Denken von Ilya Kaminski gefällt mir. ich suche die Liste mit meinen Lieblingswörtern. lasse die innere Mediathek durch die Tageswirklichkeit spazieren.

lese.

und das Lesen während dem Schreiben ist schönstes Lesen, weil das Lesen in höchster Konzentration geschieht. am Schreibtisch lese ich anspruchsvolle Bücher. die durch Konzentration erschlossen werden. eine Freude. die Entdeckungen sind enorm. mein Geist ist durch das Schreiben in anderer Weise wach.

(Gudrun Orlet. Der hellere Horizont. V/S. 7, 8)

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